When Sinners Say I Do/What Really Matters in Marriage/de
From Gospel Translations
Allerlei Theologen am Altar
Die Sonnenstrahlen leuchteten in vielen Farben durch die Kirche, als die Eingangstüren geöffnet wurden. Eine Hymne vermischte sich wunderbar mit der frischen Frühlingsluft, die auch durch die Fenster hereinströmte. Als die Angehörigen und Freunde sich erhoben, knarrte das dunkle Holz der Kirchenbänke und verbreitete dieses einzigartige Geräusch von Tradition, Würde und Höflichkeit.
Unbemerkt zitternd und mit leicht angespannter Miene die Haltung bewahrend, begann die Braut ihren „Hochzeitsmarsch“ – einen Gang, den sie zu Hause auf dem Flur schon seit zwei Jahrzehnten geübt hatte. Ihr großes Glück war nun ein schmucker junger Mann, ein Energiebündel in einem Smoking. Ein Lächeln hatte sein Gesicht ergriffen, und seine Augen tanzten förmlich vor Freude, als er seine heranschreitende Braut anschaute.
Der Pfarrer nickte zustimmend zu dem Vater der Braut, als dieser die zeremonielle Übergabe der Tochter begann und deren Hand in die Hand des Bräutigams legte. „Wenn es hier unter uns jemanden geben sollte, der einen Grund hat, warum dieser Mann und diese Frau nicht vereint werden sollten“, sagte der Pfarrer, „der spreche jetzt – oder schweige auf immer!“ Alle verharrten in höflicher Erwartung, als der Pfarrer einen Moment innehielt, um diese traditionelle Gepflogenheit danach zu Ende zu bringen. Plötzlich durchdrang die Stimme eines alten Mannes die höfliche Stille, der laut fragte:
„Woher weiß man es?“
Er stand im hinteren Bereich der Kirche, seine Hände umklammerten die Lehne der Bank vor ihm, und seine Augen schauten leidenschaftlich umher. „Ich will unter keinen Umständen respektlos erscheinen“, sagte er, während sich auch noch der letzte Kopf im Raum nach ihm umdrehte.
„Woher kann man wirklich wissen, dass diese Ehe funktionieren wird?“
Sein Ton war ernst, aber nicht herausfordernd. Sein Einwand mochte die versammelte Gesellschaft verblüfft haben, doch er war vollkommen aufrichtig. Dann, während sich seine Stimme und seine Augen senkten, kamen seine abschließenden Worte, langsam und bewusst.
„Ja, … wer überhaupt kann es wissen?“
Einige schauten den Mann verwundert an, andere warfen ihm empörte Blicke zu. Und während seine unerwartete Frage noch leise im Gewölbe widerhallte, war es, als ob die Zeit stehenblieb. Dutzende Menschen formulierten dabei unhörbar ihre Antworten, doch hörte dabei jeder Einzelne sein eigenes Denken.
Die Trauzeugin dachte: ‚Sie sind verliebt – und Liebe kann schließlich alles überwinden.‘
Ein Freund des Brautpaares gab sich diese Antwort: ‚Sie passen einfach zueinander. Das ist der Schlüssel zum Glück ihrer Ehe.‘
Auch der ehemalige Jugendpastor des Brautpaares, der die beiden und ihre Familien seit Jahren kannte, machte sich so seine Gedanken: ‚Es hängt alles an der Erziehung. Diese beiden jungen Leute werden den Weg schon miteinander schaffen, sie kommen beide aus guten Familien.‘
Auch Onkel Bob, der Wirtschaftsprüfer, rückte seine Krawatte zurecht und lächelte in sich hinein: ‚Du hast keine Ahnung, Mann, was ihre Aktien in einigen Jahren wert sein werden. Gute finanzielle Planung eliminiert den größten Stressfaktor für eine gesunde Ehe!‘
Und schließlich meinte noch ein anderer Hochzeitsgast zu sich selbst: ‚Die beiden haben so ziemlich jedes gute Buch über Ehe und Partnerschaft gelesen, das es gibt. Was sollten sie sonst noch wissen müssen, damit nichts schiefgeht?‘
An dieser Stelle unterbrach der Pfarrer die heimlichen Gedankengänge und begann mit der Rettung der Situation, indem er sagte: „Liebe Anwesende, wir haben uns heute hier versammelt, um diese Ehe Gott zu weihen. Er wird sie gelingen lassen. Wir wollen beten …“
Gute Frage, klasse Antwort
Stell dir vor, diese Geschichte wäre tatsächlich geschehen. Was denkst du, wer hat Recht gehabt? Alle? Keiner von ihnen? Welche Antwort hättest du in diesem Moment parat gehabt?
Wichtiger noch: Wie würdest du reagieren, wenn dieser alte Mann gerade jetzt auf dich zukäme und dir die Frage nach deiner Ehe stellte? Vielleicht ist deine Frage auch weniger: „Wird es klappen?“, sondern eher: „Ist meine Ehe wirklich das, was sie sein sollte?“
Wenn du jetzt weiterliest, dann bedeutet dir deine Ehe offensichtlich etwas. Denn du bist nicht allein mit der Frage zufrieden, ob deine Ehe halten oder ob sie klappen wird. Nein, die Menschen in dieser wichtigsten aller Beziehungen sehnen sich nach einer Ehe, die selbst in schwierigen Zeiten gedeiht und wächst. Deshalb möchte ich eine Antwort vorschlagen, die vielleicht kaum jemandem eingefallen ist. Es handelt sich dabei um eine Antwort, die den Grundgedanken dieses ganzen Buches reflektiert.
Lasst mich zunächst festhalten, dass alle stillen Antworten der erstaunten Gäste bei dieser erdachten Hochzeitsfeier eindeutig ihre Berechtigung haben: Liebe, zueinander passen, familiäre Herkunft, gutes Vorsorgen, gute Erziehung und ein gemeinsamer Glaube. Alles sind hilfreiche, wenn nicht gar wesentliche Bestandteile einer gedeihenden Ehe, und wahrscheinlich kannst du dir noch weitere vorstellen.
Aber es gibt eine Antwort, die hinter allen anderen steht. Und diese eine Antwort fasst im Grunde genommen alle anderen zusammen. Sie ist so umfangreich, dass wir den Rest dieses Buches dafür aufwenden müssen, sie anzuschauen. Sie mag zunächst nicht so weltbewegend erscheinen, denn sie kommt schlicht aus der Bibel. Aber nach allem, was ich in den letzten einundzwanzig Jahren im pastoralen Dienst gelernt habe, kann ich dir versichern, dass diese Antwort deine Welt erschüttern wird.
Hier ist sie: Was wir über Gott glauben, bestimmt die Qualität unserer Ehe!
Jetzt bitte das Buch nicht zumachen
Ich möchte das kurz erläutern. Jeder betrachtet das Leben aus einer bestimmten Perspektive, was manche eine Weltanschauung nennen. Unsere Weltanschauung wird durch viele Dinge geprägt und bestimmt: unsere Kultur, unser Geschlecht, unsere Erziehung, unsere gegenwärtigen Lebensumstände usw. Das am tiefsten Gehende, das die Weltanschauung eines Menschen prägt, ist sein Verständnis von Gott. Was ein Mensch über Gott denkt, bestimmt seine Auffassung darüber, wo er herkommt, welchen Sinn das Leben hat oder was nach dem Sterben geschieht. Deshalb ist unsere Weltanschauung, unsere Lebensperspektive, im Wesentlichen von unserem Denken über Gott bestimmt. Wenn wir uns über Theologie unterhalten, tun wir nichts anderes, als darüber zu sprechen, was wir über Gott denken. Was wir im Innern über Gott glauben und wie wir meinen, vor Ihm leben zu sollen, das ist unsere Theologie! Mit anderen Worten: Theologen sind nicht nur irgendwelche kluge, alte Herren an Universitäten oder kluge, tote Menschen auf Friedhöfen … auch du bist ein Theologe! Hör dir dazu einen bekannten Theologen unserer Zeit an, R.C. Sproul:
„Kein Christ kann Theologie vermeiden. Jeder Christ ist ein Theologe. Dies vielleicht nicht in einem technischen oder professionellen Sinne, aber dennoch ein Theologe. Die Frage, die sich für einen Christen stellt, ist nicht die, ob er ein Theologe ist oder nicht, sondern ob er ein guter Theologe ist – oder ein schlechter!“[1]
Was für ein Theologe bist du? Das ist nicht schwer herauszufinden. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, unsere Vorstellungen über das Leben, über die Ehe, über Gefühle, Konflikte usw. offenbaren sich durch unsere Worte und durch unser Verhalten – und spiegeln damit unvermeidlich unsere Ansicht über Gott wider. Das, was wir mit unseren Lippen reden, ist schlicht unsere Theologie. Welche Theologie findest du zum Beispiel in folgender Unterhaltung?
„Du frustrierst mich wirklich, wenn du das tust!“
„Ja nun, ich bin halt so! Ich kann nichts dafür, wenn mein Verhalten bei dir immer eine bestimmte Reaktion auslöst!“
„Meine Bedürfnisse sind dir wohl völlig egal, oder?“
„Deine Bedürfnisse? Wie steht’s denn mit meinen Bedürfnissen? Meine Gefühle scheinen in dieser Ehe wohl überhaupt keine Rolle zu spielen?“
Ein typisches Wortgefecht eines verheirateten Paares? Vielleicht. Aber es ist weit mehr als das. Solch einfache Aussagen, die jeder Verheiratete vielleicht denkt (auch wenn er sie nicht immer ausspricht), kommen aus Herzen, die bestimmte Annahmen darüber getroffen haben, wer wir sind, was wir brauchen, was wichtig ist und wie Gott zu diesem unserem Denksystem passt. In einer Unterhaltung wie dieser wird quasi die Theologie aus der Garage geholt und auf eine Spritztour mitgenommen.
Dieser Gedankengang ist für dich im Moment vielleicht nicht nachvollziehbar, aber ich gehe davon aus, dass er dir klarer werden wird, wenn du weiterliest. Ein guter, altbewährter Ehepartner-Theologe kann nämlich anhand dieser Unterhaltung sehr gut erkennen, wie hier Glaubensgrundsätze über Gott, uns selbst und unsere Probleme artikuliert werden. Wir finden sie zum Beispiel in Redewendungen wie „ich bin frustriert“, „ich kann nichts dafür“, „ich bin halt so“ oder „… und was ist mit meinen Bedürfnissen?“
Irre dich also bitte nicht. Wie Eheleute Tag für Tag und Jahr für Jahr ihre Ehe aufbauen, wird wesentlich durch ihre Theologie entschieden! Sie bestimmt ihr Denken, Reden und Handeln. Es ist auch bei dir nichts anderes als deine Theologie, die dein gesamtes Leben bestimmt und die auch festlegt, wie du deine Ehe führst.
Jeder Knopf ins richtige Knopfloch
Hast du schon mal ein Hemd oder eine Bluse falsch zugeknöpft? Du weißt schon, die Knöpfe in die verkehrten Knopflöcher, sodass man hinterher meint, ein Erstklässler hätte dich angezogen. Das ist mir erst kürzlich passiert; ich habe den ersten Knopf ins falsche Loch gesteckt und so weitergemacht, bis ich schlussendlich einen modischen Albtraum darstellte. Komisch war dabei, dass ich dachte, ich sehe großartig aus; vielleicht war da ja absichtlich ein Ersatzknopf unten angebracht, oder das Hemd war verkehrt genäht.
Augenblicke wie diese bringen meine Frau Kimm in eine schwierige Lage. ‚Soll ich ihn wieder zurechtmachen‘, überlegt sie, ‚oder den Kollegen im Büro einfach ihren Spaß lassen?‘ Dieses Mal war sie gnädig und korrigierte meine Knöpfe, und ich hatte einen korrekt geknöpften Tag.
- ↑ R.C. Sproul. Knowing Scripture. IVP: Downers Grove, IL, 1978. S. 22.